Sonntag, 23. Oktober 2011

Gut durch die Lesung gequatscht!


Ich bin eigentlich kein Fan von Lesungen, ich gebe es ja zu. 

In meinen 14 Buchhandelsjahren habe ich mich des Öfteren durch welche hindurchgeschlafen (mit offenen Augen selbstverständlich, ich bin ja gut erzogen) und somit genieße ich Lesungen mit Vorsicht.

Die Ankündigung über Facebook, dass Sebastian Fitzek nach München kommt, hat mich aber neugierig gemacht. Ich liebe die Bücher und durch seine emsigen Facebook-Aktivitäten ist er mir immer sympathischer geworden und hat sich vom Autoren im Hintergrund (welche ich eher selten bewusst wahrnehme) zum „realen“ Menschen entwickelt, auf den man immer mal wieder achtet.

Also habe ich mich letzte Woche kurzfristig entschlossen hinzugehen. Dank der schnellen und unkomplizierten Organisation des Krimifestivals konnte ich noch eine Karte ergattern. 

Als Single hat man den Vorteil, dass man immer noch irgendwo in der ersten bis dritten Reihe einen einzelnen Platz bekommt und somit konnte ich voller Vorfreude das schöne Ambiente der BMW-Welt genießen.

Pünktlich auf die Minute ging es dann los und Sebastian Fitzek erschien auf der Bühne. Von Anfang an war da eine Verbindung zum Publikum. Er ist gleich eingestiegen in eine muntere Begrüßung, obwohl er durch die vorzeitige Geburt seines Sohnes David eher alles andere war. Nachdem er sich selbst und seine Augenringe auf lustige Art und Weise entschuldigt hat, durften wir trotzdem einen sehr amüsanten und gar nicht müden Entertainer erleben, der das Publikum von Anfang an gefesselt hat.

Entertainer? Ich dachte er sei Autor? Sebastian Fitzek hat gezeigt, dass beides gut zu kombinieren ist. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck ich wäre in eine brillante Stand-Up-Comedy hineingeraten, eine Mario Barth-Show (den ich auch sehr mag) mit Niveau (das ist also durchaus als Kompliment zu verstehen)

Auf herzliche Art und Weise  durften wir an seinem Alltags- und Familienleben teilnehmen. Man konnte einfach nicht anders, entweder musste man lachen oder wollte ihn einfach nur knutschen. Nie habe ich bisher eine so amüsante Lesung erlebt, in der ich trotzdem so viel über den Autoren selber erfahren habe. Natürlich kannte man etliche Geschichten und Aussagen schon von der Fitzek-Homepage, aber aus seinem eigenem Mund zu hören hat dem Ganzen noch einmal eine völlig andere Qualität gegeben.

Selbstverständlich wurde auch vorgelesen und aus dem dazugehörigem Wasserglas getrunken, aber das waren eher so kleine eingestreute Pausen, die dem Ganzen dann doch den literarischen Touch gegeben haben.

Lange hat es ihn aber nie auf dem Autoren-Stuhl gehalten. Nach kurzer Zeit kam er immer wieder zum Publikum zurück, um weiter zu quatschen, was er mit Vorliebe macht und zwar ohne Ende –mehrfach von ihm selbst zugeben am gestrigen Abend. 


Wir durften erfahren, wo er seine Bücher schreibt (im Wintergarten mit Blick auf den Garten) was ihn anregt, woher er seine Ideen nimmt und wie sie sich entwickeln. 

Wir wissen jetzt auch, dass er seine Tochter am schnellsten schlagzeugspielend im Keller beruhigt, sein Sohn ein abhörsicheres Babyphone bekommt und er mit derselben verrückten Verwandtschaft leben muss, wie unsereiner auch.

Man kann es eigentlich gar nicht alles aufzählen oder beschreiben. Die ganzen kleinen Anekdoten und Beschreibungen muss man einfach aus seinem Mund gehört haben, um den Humor zu verstehen und um die Welle von Sympathie zu beschreiben, die beim Zuhören in einem entsteht. 


Egal, ob er nun über die Familie oder über das Schreiben erzählt, man könnte noch stundenlang zuhören und ich war überrascht, wie dann auf einmal die Zeit um war.

Ich hätte wirklich noch lange sitzen können und ich denke es ist jedem im Publikum so ergangen, dass man überhaupt nicht gemerkt hat, wie lange man schon zugehört hat.

Oh Verzeihung, das muss ich berichtigen: es ist "fast" jedem so ergangen.

Nachdem das Publikum auch Fragen stellen durfte, hat sich zum Schluss noch eine Dame gemeldet, die unbedingt ihre Enttäuschung zum Ausdruck bringen wollte. Sie bemängelte, dass man sich unter einer Autoren-Lesung etwas anderes vorgestellt und Herr Fitzek viel zu wenig aus seinem Buch vorgelesen hätte, weswegen sie ja eigentlich gekommen wäre und nicht um ihn reden zu hören. So unterschiedlich können die Meinungen also sein ;-)

Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe ich verstanden, was Sebastian Fitzek damit gemeint hat, dass er viele seiner Charaktere im Alltagsleben finden würde, da man überall (mal mehr und mal weniger) von einer Menge verhaltensgestörter Menschen umgeben sei, die ihn immer wieder zu neuen Ideen anregen würden.

Aus meiner Sicht hat es somit eine Person gegeben, der die Lesung nicht gefallen hat und 699 Menschen in der ausverkauften BMW-Welt waren hin und weg und völlig begeistert – ich glaube mit so einer Statistik kann ein Autor leben.

***

Mein Wunschtraum wäre seit gestern Abend folgender:

Ein Sebastian-Fitzek-Blog aus seinem täglichen Leben

Es wäre sicherlich ein literarischer Genuss, zumal man ihn nun kennt und weiß, wie er dort stehen und erzählen würde – ich würde es täglich lesen, versprochen!


„Danke für ein herrlich, amüsanten Abend und für alle weiteren spannenden Bücher, die ich sicherlich alle lesen werde“









6 Kommentare:

  1. Tj, nu isses zwar "nur" ein Eintrag von mir, aber ich möcht meiner(!!) Freude mal Ausdruck verleihen über Deinen Blog!!! Den lese ICH nämlich zu gerne (auch wenn der von SF sicherlich auch nett wäre), weil Du so absolut lebendig schreibst, und ich jedes Mal in ungeahnte Kicher-Attacken ausbreche ob Deines Humors!!

    LG von Cori aus dem WB Forum.......

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  2. Das freut mich sehr, denn man überlegt sich recht oft, ob das was man so schreibt überhaupt Sinn macht - jemanden zum Kichern zu bringen finde ich gut :-)

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  3. Oh Mann... Ich will auch.. Beneide dich wirklich sehr! Leider finden Lesungen allgemein nie in meiner Umgebung statt... Aber durch deine Erzählungen habe ich das Gefühl ich war dabei! :) Dankeschön an Dich! :)
    Liebe Grüße,
    Tanja

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  4. Meine Rechnung ergab 1100 ZuHörer aus Anzahl der Reihen x Sitzplätze pro Reihe.
    Davon unabhängig stimme ich allen Feststellungen zu.

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  5. Ich finde es allerhand, dass Sie die Dame, die die Art der Lesung kritisiert hat und nicht den Autor, mit verhaltensgestörten Personen in Zusammenhang bringen. Da gehört ne Portion Mut dazu, das vor versammeltem Puplikum kundzutun. Respekt davor, egal was man für ne Meinung vertritt.

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  6. Verschiedener Meinung zu sein, sei jedem belassen und man sollte immer den Mut finden diese auch zu vertreten.

    Genau dieses Recht nehme ich mir auch heraus, in dem ich meine Meinung zu dieser Publikumsmeldung äußere, in der Hoffnung dass meine Blog-Leser die Ironie des entsprechenden Absatzes verstehen :-)

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