Samstag, 29. Oktober 2011

Zivilcourage kann jeder lernen!

Neulich beim Durchstöbern des Volkshochschulverzeichnisses habe ich den 

Polizei-Kurs für Zivilcourage & Selbstsicherheit

entdeckt und mich spontan angemeldet. 

Nachdem man immer mehr in der Zeitung von Übergriffen liest, die ganz „normalen“ Menschen passieren, dachte ich mir, kann es nicht schaden vorbereitet zu sein und zu wissen, wie man sich im Ernstfall verhält.

Zwei wichtige Regeln habe ich gelernt:

* Ich bin dafür verantwortlich mich möglichst so zu verhalten, dass mir nichts passiert und ich mich selber nicht zum Opfer mache.

* Gleichzeitig habe ich aber auch eine Verantwortung gegenüber anderen Menschen, die auf dem besten Weg sind Opfer zu werden - natürlich unter Berücksichtigung der ersten Regel, was sich aber nicht ausschließen muss.

***

Bestimmt hat jeder von uns schon mal Situationen erlebt, in denen man sich nicht wirklich wohl gefühlt hat. Mir geht es ständig so, wenn ich im Dunkeln durch unseren kleinen, dunklen Moosacher Tunnel gehen muss, oder wenn ich allein nachts an der Bushaltestelle stehe, weil ich gerade von einer Veranstaltung komme. Belebte Straßen, U-Bahnsteige oder S-Bahnhöfe, die im Hellen völlig ungefährlich wirken, werden nachts, wenn sich niemand sonst dort aufhält zur Grusel-Station und man fühlt sich unbehaglich. 

Auch Ansammlungen von Betrunkenen begegnet man normal mit Vorsicht oder wenn man sieht, wie sich kleinere Gruppen stark machen und anfangen Leute anzupöbeln geht man automatisch in Deckung.

Der Kurs soll einem die Angst davor nehmen. Man erfährt z.B. wie man sich verhält wenn einem etwas bedrohlich vorkommt oder wenn man selbst Ziel der Aufmerksamkeit wird.
Mag sein, dass jetzt der eine oder andere sagt: 

„Ich weiß mich schon zu wehren!“

Aber denkt man da wirklich dran, wenn es soweit ist? 

Und... wie konnte es dazu kommen?

Wir haben einen typischen Film zu sehen bekommen, wo eine Frau, die alleine unterwegs war in der U-Bahn und danach an der Haltestelle belästigt wird. Ich schreibe deswegen typisch, weil ich selber schon dutzende Male so eine Situation erlebt habe, zum Glück ohne Eskalation. Aber es reicht aus, sich Gedanken zu machen, was wäre wenn gewesen. Immerhin hat die Frau, genau wie ich meistens, einfach nur dagesessen mit einem Buch vor der Nase.

Hier setzt dann der Kurs an und wir erfahren…

… wie man Gefahren richtig erkennt

… wie man sich in Gefahrensituationen richtig verhält

… wie ich meine Stimme effektiv einsetzen kann

…welche Chancen der körperlichen Verteidigung ich habe

… wo Risikobereiche sein können

… was ist Notwehr, was ist Nothilfe – wie weit darf man da gehen ohne selber straffällig zu werden?

Alles Punkte, über die man sich normalerweise keine Gedanken macht.

„Warum sollte das ausgerechnet mir passieren?“
Stimmt.
Aber wenn doch…?

Was ist, wenn es nicht mir passiert, sondern ich es „nur“ beobachte?

Geht mich das was an? Soll ich mich selber in Gefahr bringen, nur um jemand anderem beizustehen?

Die Antwort ist, dass man auch für sich selbst eine Verantwortung hat und man sich selber nicht bewusst in Gefahr bringen sollte. Das verlangt aber auch keiner.

Niemand erwartet, dass man den Helden spielt (als jahrelanger Single weiß ich mittlerweile dass die Ritter in glänzender Rüstung seit Jahrhunderten ausgestorben sind *g*)

Aber etwas angehen sollte es mich schon. Warum?

Ganz einfach….

Wenn mir so etwas passiert, wäre ich auch über jede Hilfe froh.



Es verlangt ja niemand von mir, dass ich mich auf den muskelbepackten Betrunkenen stürze. Dass ich mich mit der Gruppe hormongesteuerter „Ich-kriege-auf-normalen-Weg-sowieso-keine-ab“ entgegenstelle und einen auf Retter der Nation mache.

Man sollte nicht den Täter direkt ansprechen, der sich dadurch vielleicht noch bestätigt fühlt.

ABER, ich kann das was da gerade passiert öffentlich machen. Ich kann laut zu verstehen geben, dass ich es mitbekomme. Ich kann auch dadurch dem „Opfer“ helfen. Falls möglich spreche ich weitere Umstehenden an, dass man gemeinsam etwas unternimmt.

Oft reicht es schon, auf den, der belästigt wird zuzugehen und ihn/sie in meinen Kreis einzubeziehen. Natürlich gilt das auch umgekehrt.

Wenn ich mich mit ängstlichem Blick auf den letzten und hinteren Platz in der U-Bahn oder den Bus setze oder mich an einer Haltestelle allein hinsetze, ist das einfach nicht besonders schlau. Für solche Situationen muss man lernen einen Blick zu bekommen. Ich muss lernen, Selbstsicherheit und gelassenen Ruhe auszustrahlen, den Pöbel anschauen und seinem Blick nicht ausweichen, ohne dass es provokativ wirkt. Ich kann bewusst die Nähe von weiteren Menschen suchen, die ebenfalls noch unterwegs sind.

Wir reden hier ja nicht über charakterlich ausgereifte, selbstbewusste Persönlichkeiten, sondern über feige Menschen, die nur Bestätigung bekommen, wenn sie sich an Schwächere vergreifen.

Laut Statistik, die mich wirklich sehr überrascht hat, werden über 60 Prozent der Angriffe und Belästigungen schon bei leichter Gegenwehr (deutliches Entgegentreten und laut äußern, dass man in Ruhe gelassen werden möchte) abgebrochen und der „Täter“ flüchtet. Bei deutlicher Gegenwehr sind es sogar über 85 %.

Egal, für was man sich entscheiden:

Falsch ist es in jedem Fall, nichts zu tun!“
 
Interessant war für mich auch meine Reaktion auf diverse Waffen. Ich habe festgestellt, dass es mir Unbehagen bereitet hat, sie auch nur anzupacken. Wir durften verschiedenen Waffen in die Hand nehmen und kennenlernen und ich weiß seitdem, dass ich ein ungutes Gefühl habe bei der Vorstellung eine Pistole oder ein Messer zu benutzen. Ich habe mich letztendlich für die gute, alte Trillerpfeife entschieden, die befindet sich seit heute in meiner Tasche.

Das letzte was ich gelernt habe, neben der Nutzung von Notfallnummern, Notrufsäulen usw. war die Information dass wirklich jeder Zeuge gebraucht wird und nützlich sein kann. 

Fragt man drei verschiedenen Zeugen, nach einer Beschreibung der Täter, bekommt man meist drei verschiedenen Beschreibungen. Vielleicht ist mein Hinweis ja der Entscheidende? Das weiß man nie vorher, aber man sollte es auch nicht ausschließen.

Ich habe auch schon einen oder zwei Vorfälle beobachtet und bin dann weitergegangen nachdem ich gesehen habe, dass die Polizei schon etliche Leute befragt hat, weil ich dachte: „Dann haben sie ja schon Zeugen“. Das nächste Mal werde ich mich ebenfalls anbieten, wenn ich etwas gesehen habe und meine Aussage trotzdem machen.

Selbst bei einem leichten Autounfall können Zeugen wichtig sein und helfen, wie sonst soll man seine Unschuld beweisen? Darüber wäre jeder von uns froh, wenn er in eine ähnliche Situation geraten würde. Soviel Zeit muss einfach sein.

Wenn die Welt um uns herum härter wird, müssen wir einfach schauen, dass wir es bestmöglich schaffen hindurch zukommen. Die Angst etwas Falsches zu tun, ist immer irgendwo im Hinterkopf und es ist auch nicht jedermanns Sache sich mit Fremden zusammenzutun und gemeinsam vorzugehen. Aber wenn es wirklich mal so weit ist, sollten wir uns genau daran erinnern und versuchen Zivilcourage zu zeigen, so wie wir es auch erwarten, wenn uns selber etwas passiert.

Ich habe mir das fest vorgenommen und ich hoffe, ich erinnere mich an alles  was man mir gestern Abend beigebracht hat, wenn ich mich selber in einer ähnlichen Situation befinde. 

Danke dafür an die beiden kompetenten und sympathischen Moosacher Beamten Herr und Frau… es war informativ und ich habe mich gut aufgehoben gefühlt. Ich würde mich jederzeit zu weiteren Kursen anmelden.


Zusätzliche Infos bekommt man z.B. hier: 


Aktion Tu-was mit passendem iPhone-App


Hier kann man z.B. in München buchen:


oder immer mal wieder auf die Veranstaltungshinweise der lokalen Zeitungen achten, wie hier z.B.:

Schreien, Treten, Stampfen

 

 

Sonntag, 23. Oktober 2011

Gut durch die Lesung gequatscht!


Ich bin eigentlich kein Fan von Lesungen, ich gebe es ja zu. 

In meinen 14 Buchhandelsjahren habe ich mich des Öfteren durch welche hindurchgeschlafen (mit offenen Augen selbstverständlich, ich bin ja gut erzogen) und somit genieße ich Lesungen mit Vorsicht.

Die Ankündigung über Facebook, dass Sebastian Fitzek nach München kommt, hat mich aber neugierig gemacht. Ich liebe die Bücher und durch seine emsigen Facebook-Aktivitäten ist er mir immer sympathischer geworden und hat sich vom Autoren im Hintergrund (welche ich eher selten bewusst wahrnehme) zum „realen“ Menschen entwickelt, auf den man immer mal wieder achtet.

Also habe ich mich letzte Woche kurzfristig entschlossen hinzugehen. Dank der schnellen und unkomplizierten Organisation des Krimifestivals konnte ich noch eine Karte ergattern. 

Als Single hat man den Vorteil, dass man immer noch irgendwo in der ersten bis dritten Reihe einen einzelnen Platz bekommt und somit konnte ich voller Vorfreude das schöne Ambiente der BMW-Welt genießen.

Pünktlich auf die Minute ging es dann los und Sebastian Fitzek erschien auf der Bühne. Von Anfang an war da eine Verbindung zum Publikum. Er ist gleich eingestiegen in eine muntere Begrüßung, obwohl er durch die vorzeitige Geburt seines Sohnes David eher alles andere war. Nachdem er sich selbst und seine Augenringe auf lustige Art und Weise entschuldigt hat, durften wir trotzdem einen sehr amüsanten und gar nicht müden Entertainer erleben, der das Publikum von Anfang an gefesselt hat.

Entertainer? Ich dachte er sei Autor? Sebastian Fitzek hat gezeigt, dass beides gut zu kombinieren ist. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck ich wäre in eine brillante Stand-Up-Comedy hineingeraten, eine Mario Barth-Show (den ich auch sehr mag) mit Niveau (das ist also durchaus als Kompliment zu verstehen)

Auf herzliche Art und Weise  durften wir an seinem Alltags- und Familienleben teilnehmen. Man konnte einfach nicht anders, entweder musste man lachen oder wollte ihn einfach nur knutschen. Nie habe ich bisher eine so amüsante Lesung erlebt, in der ich trotzdem so viel über den Autoren selber erfahren habe. Natürlich kannte man etliche Geschichten und Aussagen schon von der Fitzek-Homepage, aber aus seinem eigenem Mund zu hören hat dem Ganzen noch einmal eine völlig andere Qualität gegeben.

Selbstverständlich wurde auch vorgelesen und aus dem dazugehörigem Wasserglas getrunken, aber das waren eher so kleine eingestreute Pausen, die dem Ganzen dann doch den literarischen Touch gegeben haben.

Lange hat es ihn aber nie auf dem Autoren-Stuhl gehalten. Nach kurzer Zeit kam er immer wieder zum Publikum zurück, um weiter zu quatschen, was er mit Vorliebe macht und zwar ohne Ende –mehrfach von ihm selbst zugeben am gestrigen Abend. 


Wir durften erfahren, wo er seine Bücher schreibt (im Wintergarten mit Blick auf den Garten) was ihn anregt, woher er seine Ideen nimmt und wie sie sich entwickeln. 

Wir wissen jetzt auch, dass er seine Tochter am schnellsten schlagzeugspielend im Keller beruhigt, sein Sohn ein abhörsicheres Babyphone bekommt und er mit derselben verrückten Verwandtschaft leben muss, wie unsereiner auch.

Man kann es eigentlich gar nicht alles aufzählen oder beschreiben. Die ganzen kleinen Anekdoten und Beschreibungen muss man einfach aus seinem Mund gehört haben, um den Humor zu verstehen und um die Welle von Sympathie zu beschreiben, die beim Zuhören in einem entsteht. 


Egal, ob er nun über die Familie oder über das Schreiben erzählt, man könnte noch stundenlang zuhören und ich war überrascht, wie dann auf einmal die Zeit um war.

Ich hätte wirklich noch lange sitzen können und ich denke es ist jedem im Publikum so ergangen, dass man überhaupt nicht gemerkt hat, wie lange man schon zugehört hat.

Oh Verzeihung, das muss ich berichtigen: es ist "fast" jedem so ergangen.

Nachdem das Publikum auch Fragen stellen durfte, hat sich zum Schluss noch eine Dame gemeldet, die unbedingt ihre Enttäuschung zum Ausdruck bringen wollte. Sie bemängelte, dass man sich unter einer Autoren-Lesung etwas anderes vorgestellt und Herr Fitzek viel zu wenig aus seinem Buch vorgelesen hätte, weswegen sie ja eigentlich gekommen wäre und nicht um ihn reden zu hören. So unterschiedlich können die Meinungen also sein ;-)

Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe ich verstanden, was Sebastian Fitzek damit gemeint hat, dass er viele seiner Charaktere im Alltagsleben finden würde, da man überall (mal mehr und mal weniger) von einer Menge verhaltensgestörter Menschen umgeben sei, die ihn immer wieder zu neuen Ideen anregen würden.

Aus meiner Sicht hat es somit eine Person gegeben, der die Lesung nicht gefallen hat und 699 Menschen in der ausverkauften BMW-Welt waren hin und weg und völlig begeistert – ich glaube mit so einer Statistik kann ein Autor leben.

***

Mein Wunschtraum wäre seit gestern Abend folgender:

Ein Sebastian-Fitzek-Blog aus seinem täglichen Leben

Es wäre sicherlich ein literarischer Genuss, zumal man ihn nun kennt und weiß, wie er dort stehen und erzählen würde – ich würde es täglich lesen, versprochen!


„Danke für ein herrlich, amüsanten Abend und für alle weiteren spannenden Bücher, die ich sicherlich alle lesen werde“